Antragsteller: SPD-Fraktion, Fraktionsgemeinschaft BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beschlussvorschlag:
Die Stadtverwaltung wird beauftragt:
1. in einer Informationsvorlage rechtzeitig vor der Aufstellung des nächsten Haushaltsplanes für den Doppelhaushalt 2021/2022 darzustellen:
a) welche Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen sowie die Ökosystemleistungen durch den Wald im Stadtgebiet Chemnitz erbracht werden,
b) welche Leistungen das Grünflächenamt für den Erhalt der Waldökosysteme erbringt,
c) welche aktuellen und künftigen Herausforderungen zur Bewältigung der direkten Folgen des Klimawandels im Kommunalwald bestehen,
d) welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um diesen Herausforderungen zu begegnen,
e) welche wirtschaftlichen Aufwendungen für die Pflege des Waldes im Stadtgebiet Chemnitz sowie für zusätzliche Maßnahmen für Klimaschutz und Biodiversität notwendig sind und
f) welche Beiträge aus Holzeinschlag und Holzverkauf in den kommenden 5 Jahren
voraussichtlich erwirtschaftet werden könnten.
2. sich gegenüber der oberen Forstbehörde dafür einzusetzen, den Forsteinrichtungsplan von 2016 unter Berücksichtigung der in Punkt 1 genannten Kriterien und den folgenden Aufgabenstellungen zu evaluieren und nach Beratung im Fachausschuss bis 30.09.2020 vorfristig zu beraten sowie dem Stadtrat im III. Quartal 2021 zur Beschlussfassung vorzulegen:
a) Forstwirtschaftliche Aktivitäten mit minimaler Eingriffsstärke vorzunehmen und gleichzeitig eine hohe natürliche Biodiversität zu erhalten und zu entwickeln,
b) Eingriffe in den Waldboden und die Pflege der Waldbestände weiter zu minimieren,
c) und dabei das Befahren des Waldbodens jenseits der Waldwege und Rückegassen zu
vermeiden.
3. aufgrund der Schäden infolge von Hitze- und Dürreperioden, Starkwetterereignissen und der weiteren Ausbreitung des Borkenkäfers zudem
a) aufzuzeigen, wie befallene Baumbestände schnellstmöglich gefällt und befallenes Holz
abtransportiert werden können,
b) und dabei eine Beantragung von Fördermitteln zum Waldumbau bei Bund und Land intensiv zu prüfen.
4. den Beschluss des Stadtrates aus dem Jahr 2008 „Rechtzeitige Information bei Baumarbeiten im öffentlichen Raum“ (BA-036/2008) künftig auch auf Arbeiten im Kommunalwald innerhalb des Stadtgebietes Chemnitz anzuwenden, damit Ort, Zeitraum und Grund der geplanten Arbeiten 10 Tage vorher über die Medienkanäle der Stadt Chemnitz und die Lokalmedien bekannt gemacht werden.
5. unter Einbeziehung externen Sachverstandes eine öffentliche Diskussionsveranstaltung über eine Neujustierung des Verhältnisses der verschiedenen Funktionen des Kommunalwaldes (Holzverkauf, Erholung, Ökologie, Artenvielfalt) in Zeiten des Klimawandels vorzubereiten und durchzuführen.
Begründung:
Chemnitz besitzt Wald im Stadtgebiet Chemnitz sowie im Erzgebirge. Die Bewältigung von Klimafolgen wie Dürre, Stürme, Schadinsekten im Wald sowie die daraus resultierenden Herausforderungen bei Waldpflege und Waldumbau betreffen alle Gebiete. Die im Antrag genannten Punkte beziehen sich allerdings zunächst nur auf den Chemnitzer Kommunalwald innerhalb des Stadtgebietes von Chemnitz.
Zu 1.: Vor dem Hintergrund der bei jüngsten Fällarbeiten im Ebersdorfer Wald entstanden öffentlichen Diskussion soll die im Antragspunkt 1 geforderte Informationsvorlage eine Grundlage für eine sachgerechte und konstruktive Diskussion inklusive der haushaltsrelevanten Betrachtung bilden.
Zu 2.: Mittel- und langfristig soll bei der Bewirtschaftung des kommunalen Waldes verstärkt darauf geachtet werden, durch ein bestmögliches ökologisches Zusammenspiel des Systems Wald eine höchstmögliche Wertschöpfung durch die Ernte qualitativer Bäume zu erreichen. Höhere Stammdurchmesser erzielen höhere Holzerlöse bei geringeren Erntekosten. Außerdem erzielen Flächen mit Hiebruhe auch eine höhere Kohlenstoffspeicherung.
Auch beim Einsatz von Technik sollen die Eingriffe minimal gehalten, das Befahren des
Waldbodens abseits der Wege oder der angelegten Rückegassen vermieden werden.
Zu 3.: Mit den Hitze- und Dürreperioden, Starkwetterereignisse der vergangenen Jahre und die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers wurden auch im Chemnitzer Stadtwald deutliche Spuren hinterlassen. Der Kommunalwald der Stadt Chemnitz ist dadurch in seinem Fortbestand weitaus gefährdeter als noch 2016, ebenso die gesteckten Ziele wie der Erhalt der Biodiversität und die Verjüngung des Baumbestandes. Es droht darum der Verlust eines intakten Stadtwaldes mit unverzichtbaren Klima- Artenschutz- und Erholungsfunktionen.
Um die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung nicht aus dem Auge zu verlieren, muss
zunächst der Sanierung eine wichtige Funktion zukommen, hierfür sind Beantragungen beim BMEL bzw. BMU zu prüfen.
Zu 4.: Die hier vorgeschlagene Verfahrensweise baut auf eine Praxis auf, die sich bei Baumarbeiten in der Stadt in den letzten Jahren bewährt hat. Sie ermöglicht Aufklärung über Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit der Maßnahmen. Sie trägt zur Transparenz bei. Sie ermöglicht die Überprüfung, ob die angegebenen Gründe eine Fällung rechtfertigen. Sie hilft Verärgerung sowie Konflikte zu vermeiden. Der Stellungnahmen der Verwaltung zu BA-036/2008 ist zu entnehmen, dass Baumarbeiten im Stadtwald eigentlich von der Informationspflicht eingeschlossen sein sollten. Der Beschluss ist erneut notwendig, damit die Informationspraxis innerhalb der Stadtverwaltung künftig eindeutig und
gleichförmig umgesetzt wird.
Zu 5.: Hier geht es auch um den in der öffentlichen Diskussion geäußerten Gedanken, aus dem Wald oder aus Waldteilen innerhalb des Stadtgebietes auf die Holzentnahme für den Verkauf zu Gunsten von Natur und Erholung zu verzichten. So existiert beispielsweise ein Vorschlag der AGENDA 21, den Ebersdorfer Wald, den Stärkerwald, Glösaer Wald und den Wasserwerkspark zu schützen. Um derartige Fragen über die Veränderung des Verhältnisses der Waldfunktionen zueinander zielführend und fachgerecht führen zu können, ist wissenschaftlicher Sachverstand und
öffentliche Beteiligung notwendig. Die Antragsteller sehen in einer öffentlichen
Diskussionsveranstaltung, organisiert über das Umweltzentrum der Stadt Chemnitz, das geeignete Format.
Abstimmung im Stadtrat: Mehrheitliche Zustimmung
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