Die Novemberrevolution, die letztlich zur Abdankung des Kaisers, zur Ausrufung der Republik und zur Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts führte, wurde von der SPD in entscheidender Weise mitgetragen. Beginnend mit Matrosenaufständen in Wilhelmshaven und Kiel, weitete sie sich in den ersten Novembertagen des Jahres 1918 aufs gesamte Deutsche Reich aus und erreichte am 8. November Chemnitz. Auch hier waren es zunächst Soldaten, die sich erhoben. Den Aufständischen der Kasernen in der Planitz- und der Kasernenstraße schlossen sich rasch Arbeiter an. Noch in der Nacht wurde der Chemnitzer Arbeiter- und Soldatenrat gebildet, dem zunächst jeweils zehn Mitglieder der SPD und der USPD sowie zehn Soldaten angehörten. Für die SPD saßen u.a. Max Müller, Alfred Fellisch, August Friedel und Hermann Kranold in dem Gremium.
Die Tätigkeit des Rates resümiert Stephan Pfalzer wie folgt: „Es ist ein Verdienst des Arbeiter- und Soldatenrates, dass die Revolution in Chemnitz friedlich verlief, Ordnung und Sicherheit gewährleistet blieben, die Ernährung und Kohleversorgung gesichert sowie neue soziale Verhältnisse eingeführt werden konnten. Er betrieb eine eher gemäßigte Politik des Ausgleichs und führte eine echte Machtprobe zur Erlangung der alleinigen Macht in der Stadt nicht herbei. Das ermöglichte, neben der Zurückhaltung des Oberbürgermeisters und seiner Beamten, den gleitenden Übergang in neue politische Verhältnisse“ (Quelle: siehe unten, S.12).
Da sich die Stadtverwaltung kooperativ zeigte und die Mitglieder des Arbeiter- und Soldatenrates sich ihrer mangelnden Verwaltungserfahrung bewusst waren, ließ man die Beamten wie gewohnt die Geschäfte führen. Der Rat entsandte aber Delegierte in die einzelnen Bereiche und Ausschüsse. Er schuf auch die Position eines „Stadtpräsidenten“, dem alle städtischen Bediensteten unterstellt waren. Sie wurde mit dem SPD-Mitglied Hermann Kranold besetzt. Mit der Neuwahl des vom Arbeiter- und Soldatenrat aufgelösten Stadtverordnetenkollegiums im Januar 1919 wurde dieses Amt wieder abgeschafft.
Zunächst aber ließ sich der Arbeiter- und Soldatenrat am 9. Dezember selbst durch Wahlen legitimieren. Das Ergebnis stärkte die SPD deutlich, die nun 28 Mitglieder stellte, darunter die drei Vorsitzenden.
Die im Zuge der Novemberrevolution vorgenommene Neuregelung der sächsischen Kommunalwahlen führte auch für Chemnitz das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Stimmrecht für Männer und Frauen ein. Damit war die bisherige Benachteiligung der SPD durch ein Klassenwahlrecht beendet. Am 12. Januar 1919 fand die Neuwahl zur Chemnitzer Stadtverordnetenversammlung statt. Pfalzer nennt sie die „erste wirklich freie und demokratische Wahl in der Stadt überhaupt“ (Quellenangabe: s. u., S.18). Hierbei gewann die SPD die absolute Mehrheit und besetzte 34 der 60 Sitze. [Dr. Stephanie Pietsch]
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.