Geschichte des Ortsvereins West

27.10.1989

Im Anschluss an das zweite Oberbürgermeister-Gespräch der „Gruppe der 25“ gab der gelernte Facharbeiter für Datenverarbeitung, Dieter Häcker (Jg. 1952), auf einer öffentlichen Podiumsveranstaltung in der Kreuzkirche bekannt, dass sich in Karl-Marx-Stadt die Sozialdemokratische Partei wieder konstituiert hat.

7.11.1989

Der Provisorische Bezirksvorstand der SDP hatte ca. 70 Personen, die sich im „Kontaktbüro der Bürgerinitiativen“ für die SDP eingeschrieben hatten, in den Gemeindesaal im Lukas-Pfarrhaus, Josephinenplatz 8, eingeladen.
Auf dieser Veranstaltung wurden selbstgefertigte Beitrittsformulare ausgegeben, eine Initiative für einen Volksentscheid zur Abschaffung von Art. 1 der Verfassung der DDR (betr. führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei) besprochen und um Kontaktadressen zur Bildung von „Wohngebietsgruppen“/“Basisgruppen“ aufgerufen (der Begriff „Ortsverein“ war hier noch nicht bekannt).
Ca. die Hälfte der Anwesenden füllten Beitrittsformulare aus. Die Initiative für einen Volksentscheid war wenige Tage später erledigt, weil die SED in der Volkskammer selbst die Abschaffung dieses Passus in der DDR-Verfassung veranlasste. Es meldeten sich wohl mehrere Teilnehmer, die ihre Adressen für die Bildung von SDP-Gruppen in den Stadtteilen zur Verfügung stellten. Einer davon war offenbar Heinz Herberger, der damals auf dem Kaßberg wohnte.
Die in der Stadt wohnenden Mitglieder des Provisorischen Bezirksvorstands verständigten sich auf die Unterstützung der Bildung dieser „Wohngebietsgruppen“.

Protokoll vom 7.12.1989
Protokoll des OV Kassberg vom 7.12.1989

Bis Ende November 1989

In der Wohnung von Heinz Herberger gründeten dieser, Markus Schlimbach und Olaf
Drewning die „Wohngebietsgruppe“ Kaßberg. In den nächsten Wochen stießen weitere
Personen dazu, darunter Günter Albert und Christoph Gericke.

07.12.1989

Nach dem ersten vorliegenden Protokoll nahmen an der Mitgliederversammlung in der ITVK (Helmut-Just-Straße, jetzt Hartmannstraße) 12 von 15 Mitgliedern teil. Diskutiert wurde vor allem der weitere Parteiaufbau in der Stadt.

November 1989/Januar 1990

Mitte November bezog das „Kontaktbüro der Bürgerinitiativen“ neue Räume in der Baracke einer Handwerker-Genossenschaft in der Matthesstr. 13. Im Januar richteten die neuen Parteien und Gruppen, darunter die SPD, in der obersten Etage der SED-Bezirksleitung in der Karl-Marx-Allee (Brückenstraße) – genannt „Säge“ – eigene Büros ein. Über beide Wege meldeten sich weitere SDP/SPD- Interessenten.

Einladung zur Gründung des OV Altendorf10.01.1990

Nachdem zwei Versuche von Dieter Häcker im November und Dezember 1989 zur Bildung einer „Wohngebietsgruppe“ Altendorf gescheitert waren, kamen a, 10.01.1990 acht Männer zur Gründungsversammlung der „Wohngebietsgruppe“ Altendorf“ im damaligen Klubhaus „Klement Gottwald“ („Wiesenburg“) zusammen. Ein Vorstand konnte zunächst nicht gewählt werden. Lediglich die Kassierer-Funktion konnte auf der 2. oder 3. Sitzung mit Konrad Völkel besetzt werden.

Erst im Frühjahr 1990 konnte Konrad Schaal als Vorsitzender gewonnen werden. Aus beruflichen Gründen musste er aber bereits nach wenigen Monaten die Funktion niederlegen. Neuer Vorsitzender wurde Klaus Blumstengel (bis Dezember 1998). Stellvertretender Vorsitzender war ab 1992 Thomas Holzapfel. Letzterer übernahm den Vorsitz des Ortsvereins im Dezember 1998.

09.02.1990

Im Klub der Volksschaffenden in der Weststr. 115 wählten 19 Genossinnen und Genossen erstmals einen Vorstand für die Basisgruppe Kaßberg. Vorsitzender wurde der Ingenieur Frank Schoenefeld. In den folgenden Monaten wuchs die Mitgliederzahl auf knapp 40. Es begann die thematische Arbeit in Arbeitsgruppen zur Vorbereitung auf die Wahlen im März und im Mai.

Auch in Rabenstein/Reichenbrand, Schönau und Grüna wurden bis zum März 1990 Ortsvereine gegründet. Initiatoren waren im Wesentlichen der Maurer Johannes Bachmann sowie die Ingenieure Reiner Berndt und Michael Wirth.

März 1990

Besuch des Ortsvereins Düsseldorf-Oberkassel beim Ortsverein Kaßberg.

29.04.1990

Erstes Kaßbergfest des Ortsvereins im Zeichen der kommenden Kommunalwahl auf dem Andréplatz unter Mithilfe des Ortsvereins Düsseldorf-Oberkassel.

06.05.1990

Zur ersten demokratischen Kommunalwahl seit 44 Jahren erhielt die SPD 17,7 % der Stimmen. 14 SPD–Mitglieder wurden in die Stadtverordnetenversammlung Karl-Marx-Stadt/Chemnitz gewählt, darunter auf Listenplatz 3 der Diplom-Chemiker Dr. Christoph Gericke (Kaßberg), der 24 Jahre lang ununterbrochen dem Stadtrat angehören wird, sowie (nur 1990) Helmut Löffler (Rabenstein/Reichenbrand). Der aussichtsreich platzierte Fred Klohn (Altendorf) wurde nicht gewählt.
In den Gemeinderat von Grüna wurden Michael Wirth und zwei weitere SPD-Mitglieder gewählt.

Frühsommer 1990

Im Frühsommer 1990 wurde der Kfz-Klempner Günter Albert zum Vorsitzenden gewählt, der das Leben des Ortsvereins maßgeblich prägte. Nach fast zwei Jahren gab er am 14.04.1992 das Amt aus beruflichen Gründen an Matthias Schmidt ab. Seit Mitte 1993 fungierten als Vorsitzende der Stadtplaner Henning Keune bzw. der Jurist Jürgen Hedderich. Vor allem letzterer machte sich um den Ortsverein verdient.

18./19.08.1990

Besuch des Ortsvereins Chemnitz-Kaßberg beim Partner-Ortsverein Düsseldorf-Oberkassel. Begegnung mit OB Klaus Bungert beim OV-Sommerfest.

08.09.1990

2. SPD-Kinder-und Wohngebietsfest auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz.

v.l.n.r.: Dr. Christoph Gericke, Olaf Drewning, Rudolph Gotthardt, Günter Albert
v.l.n.r.: Dr. Christoph Gericke, Olaf Drewning, Rudolph Gotthardt, Günter Albert

Frühjahr 1991

Der Ortsverein Kaßberg mietete für einige Jahre Versammlungsräume in der AWO-Begegnungsstätte Franz-Mehring-Str. 41 und richtete diese selbst vor. Hier wurden vor allem bürgeroffene Veranstaltungen mit geladenen Referenten unter aktiver Mitwirkung von MdL Michael Lersow (Vorsitzender der sächsischen SPD) durchgeführt.

03.10.1991

3. SPD-Kinder- und Wohngebietsfest auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz.

22.10.1991

Öffentliche Versammlung des Ortsvereins Kaßberg mit Johannes Rau auf dem ehemaligen Stasi-Gelände Hohe Str. („Kulturzentrum“) und anschließendes Treffen im „Cafè oben“.

30.04.-02.05.1992

2. Besuch des SPD-Ortsvereins Düsseldorf-Oberkassel beim Ortsverein Kaßberg. Gemeinsamer Besuch der Mai-Kundgebung und Ausflug zur Talsperre Kriebstein.

1992

Eine Partnerschaft des Ortsvereins Altendorf mit dem OV München-Trudering kam nicht zustande. Im Oktober besuchten zwar einige Münchner den OV Altendorf, und es erfolgte auch einen Gegenbesuch, nach einem Wechsel des OV-Vorsitz in München brachen die Kontakte jedoch ab.

März 1994

Der OV Altendorf veranstaltete in der Gaststätte „Mentana“ (Rudolf-Krahl-Str.) ein öffentliches Forum mit Sozialdezernent Peter Fittig und Arbeitsamtsdirektor Wolfgang Handschuch zum Thema „Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe“.

März 1995

Im März 1995 zählte der OV Altendorf 17 Mitglieder, im April 1997 waren es 16 Mitglieder. Davon waren maximal 8 Mitglieder aktiv.

Dezember 1998

Der OV Altendorf führte eine gut besuchte öffentliche Veranstaltung im Sozialtherapeutischen Wohnheim mit dem Vorsitzenden des Chemnitzer Mietervereins, Klaus Möstl, zum Thema “Vergleichsmietensystem und die Anwendung des Chemnitzer Mietspiegels“ durch.

Dagegen fand ein Bürgerforum im Februar 1999 im Berufsbildungswerk für Blinde mit Rolf Schwanitz, Staatsminister für den Aufbau Ost im Bundeskanzleramt, zum Thema „Perspektiven für den Aufbau Ost“ nur wenig Zuspruch.

4.7.2000

Spätestens 1999 wurde immer deutlicher, dass die bisherigen Ortsvereine allein nicht mehr arbeitsfähig waren. Der 1998 gebildete Stadtverband orientierte deshalb auf Zusammenschlüsse. Schon im Dezember 1999 wurde eine gemeinsame Weihnachtsfeier der OV Kaßberg und Altendorf in der Pizzeria „Italia“ (Hübschmannstr.) durchgeführt; es folgten gemeinsame Mitgliederversammlungen beider OV seit Januar 2000. Das März-Treffen fand in der „Neuen Sächsischen Galerie“ [damals Hohe Str.] mit deren Direktor, Werner Ballarin, statt.

In der Sozialtherapeutischen Wohnstätte Altendorf fand am 04.07.2000 auf Einladung des Unterbezirks eine gemeinsame Mitgliederversammlung der OV Altendorf, Grüna, Kaßberg und Rabenstein/Reichenbrand statt, auf der sich diese zum OV Chemnitz-West zusammenschlossen.
Gewählt wurden:
Vorsitzender: Thomas Holzapfel (Altendorf)
stellvertretende Vorsitzende: Günter Albert, Silke Bemmann, Jürgen Hedderich (alle Kaßberg), Philipp Schäfer (Rabenstein/Reichenbrand)
Kassierer: Heinz Herberger (Kaßberg)
Beisitzer: Henning Keune (Kaßberg), Thomas Seidel (Rabenstein/Reichenbrand), Renate Weißbach (Grüna)
Revisoren: Johannes Bachmann (Rabenstein/Reichenbrand), Michael Wirth (Grüna)

Im Oktober 2002 wurde Thomas Holzapfel (Geschäftsführer des Berufsbildungswerkes für Blinde und Sehbehinderte) als Vorsitzender bestätigt. Seine Stellvertreter waren nun Jürgen Hedderich, Philipp Schäfer und Michael Wirth.

Mai 2004

Mitwirkung des Ortsvereins Chemnitz-West am Wohngebietsfest „unten und oben“ auf dem Bodelschwinghplatz.

Juni 2004

Im Juni 2004 wurde Michael Wirth zum OV-Vorsitzenden gewählt, der das Amt bis 2010 inne hatte. Auf ihn folgte die Personalberaterin Anne Piegert, Michael Wirth wurde ihr Stellvertreter.

Mai 2009

Mitwirkung am Bürgerfest „Toleranter Kaßberg“.

01.01.2012

Der OV Schönau schloss sich dem OV Chemnitz-West an. Bei der im Januar 2012 erfolgenden Neuwahl des OV-Vorstands wurde Anne Piegert als Vorsitzende bestätigt, Doris Müller vom bisherigen OV Schönau wurde stellvertretende Vorsitzende. Damit wurde schließlich aus ursprünglich 5 kleineren SPD–Ortsvereinen ein SPD–Ortsverein Chemnitz–West.

November 2013

Der Kulturmanager Ulf Kallscheidt wurde neuer Vorsitzender des OV West, seine Stellvertreterin wurde Dr. Stephanie Pietsch.

19.09.2014

Der Ortsverein West feierte in der Ermafa-Passage sein 25-jähriges Bestehen. Den Festvortrag hält einer der Gründer des OV Kaßberg, der stellvertretende Vorsitzende des DGB Sachsen Markus Schlimbach.

Stadt- und Gemeinderäte

1994 wurden aus den Ortsvereinen folgende Stadträte gewählt: Reiner Berndt (Schönau), Christoph Gericke, Theresia Maas und bis 1996 Peter Fiebig (alle Kaßberg) sowie Johannes Bachmann (Rabenstein). Dazu kam Doris Müller, die ursprünglich von der IG-Metall-Liste „Frischer Wind für Chemnitz“ aufgestellt worden war, die vor der Wahl in die SPD-Liste integriert wurde. Michael Wirth wurde wieder in den Gemeinderat Grüna gewählt, er wurde auch 1. Stellvertreter des Bürgermeisters.

1999 wurden Doris Müller, Reiner Berndt (beide Schönau), Christoph Gericke (Kaßberg), Michael Wirth (Grüna) und bis 2003 Johannes Bachmann (Rabenstein) als Stadträte gewählt. 2003/4 rückte Jutta Brink in den Stadtrat nach.

2004 wurden Christoph Gericke und Ulf Kallscheidt (beide OV Chemnitz-West) sowie vom OV Schönau Doris Müller und Reiner Berndt als Stadträte gewählt. Michael Wirth blieb Ortschaftsrat in Grüna.

2009 wurden Christoph Gericke, Michael Wirth, Maik Otto und Eckehard Bauer als Stadträte gewählt.

2014 wurden Maik Otto, Ulf Kallscheidt, Michael Wirth und Eckehard Bauer als Stadträte gewählt.

Die 2006 erstmals gewählte Oberbürgermeisterin, Barbara Ludwig, ist Mitglied des Ortsvereins Chemnitz–West.

Landtagsabgeordnete und -kandidaten mit Wahlkreis auf dem Gebiet des/der Ortsvereins/Ortsvereine

1990 Dr. Michael Lersow und Dr. Friedemann Tiedt (beide über die Landesliste gewählt)
1994 Horst Kissel (n.n. Erststimmen, 20,4 % Zweitstimmen)
1999 Barbara Ludwig (über Landesliste gewählt; 16,7 % Erststimmen, 12,9 % Zweitstimmen).
2004 Jens Farag (14,3 % Erststimmen, 12,1 % Zweitstimmen)
2009 Ulf Kallscheidt (13,5 % Erststimmen, 11,9 % Zweitstimmen)
2014 Klaus Kretzschmar (15,8 % Erststimmen, 13,7 % Zweitstimmen)

[Dieter Häcker und Dr. Christoph Gericke]

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