Johann Most

* 05.02.1846 in Augsburg
† 17.03.1906 in Cincinnati (US-Bundesstaat Ohio)

Buchbinder, bis 1871 in der Schweiz und in Österreich tätig, wo er Kontakt zur Sozialdemokratie fand. Nach Inhaftierung wegen Hochverrat und Ausweisung ging er zunächst nach Bayern, dann nach Sachsen. In Chemnitz wurde er Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitung „Freie Presse“, einem Vorläufer der „Volksstimme“.

Zugleich machte er sich einen Namen als herausragender Redner. Er erhielt wegen verschiedener kleinerer politischer Delikte mehrere Geldstrafen, die er jedoch nicht bezahlte, sondern jeweils im Gefängnis absaß. Im September 1871 organisierte er als Gegenstück der Sedanfeiern eine Demonstration für die Pariser Kommune und hielt auf dem Mainzer Parteikongress der SDAP (Eisenacher) eine sogenannte Anti-Sedan-Rede. Dafür wegen Majestätsbeleidigung zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt.

In der Zwickauer Strafhaft verfasste er einen popularisierten Auszug aus dem „Kapital“ („Kapital und Arbeit“), der 1873 in Chemnitz gedruckt wurde. Nach Haftverbüßung 1873 wurde er aus Sachsen ausgewiesen, so dass er auch seine Tätigkeit in der „Freien Presse“ beenden musste. Ihm wurde daraufhin die Chefredaktion der „Süddeutschen Volkszeitung“ in Mainz übertragen.

Trotz seiner Abwesenheit wurde er von den Chemnitzer Sozialdemokraten für die Reichstagswahl im Janaur 1874 nominiert. Er gewann das Mandat für den 16. Sächsischen Reichstagswahlkreis bereits im ersten Wahlgang mit 57,0 % und wiederholte dies drei Jahre später mit 54,9 %.

Wegen einer Rede, in der er die Pariser Kommune würdigte, wurde er zu mehr als 2 Jahren Gefängnis verurteilt, die er trotz seiner Parlamentszugehörigkeit ab Mai 1874 verbüßen musste. Nach seiner Haftentlassung im August 1876 siedelte nach Berlin über, wo er die Redaktion der „Freien Berliner Presse“ übernahm. Nach weiteren Haftstrafen wurde er nach dem Inkrafttreten des Sozialistengesetzes aus Berlin ausgewiesen und emigrierte im Dezember 1878 nach London. Zuvor – im Juli 1878 nach dem zweiten Attentat auf Kaiser Wilhelm I., das als Vorwand für das Sozialistengesetz diente – hatte er bei der Neuwahl des Reichstags das Chemnitzer Mandat verloren.

In London begründete er schon im Januar 1879 die Zeitung „Freiheit“. Seine zunehmende Radikalisierung, die auch in dieser Zeitung zum Ausdruck kam, führte zum Bruch mit der sozialdemokratischen Parteiführung. Auf dem Wydener Parteikongress der Sozialistischen Arbeiterpartei im August 1880 wurde Most aus der Partei ausgeschlossen. Der Parteikongress stellte fest, dass Most schon länger im Widerspruch zu den von der Partei vertretenen Grundsätzen stehe. Most entwickelte sich zunehmend zum Anarchisten, was selbst Marx und Engels zum Abbruch der Beziehungen veranlasst haben soll.

Seine offenen Sympathien für Attentate brachte ihm 1881 auch in England eine Gefängnisstrafe ein. Ende 1882 wanderte er in die USA aus, wo er zu einem der führenden Anarchisten wurde, wobei er auch Attentate befürwortete.

Er führte die Zeitung „Freiheit“ in New York bis zu seinem Tod weiter. [Dieter Häcker]

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